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Dieses Foto wurde im Trading Raum in der Statkraft Zentrale in Oslo in Norwegen aufgenommen.
Handel: Statkraft – ein wichtiger Akteur im Energiesektor
Statkraft hat sich vor allem als führender Erzeuger und Händler von erneuerbarer Energie einen Namen gemacht. Dass das Unternehmen auch ein bedeutender Akteur auf dem europäischen Energiemarkt ist, ist wohl weniger bekannt.
Von den Niederlassungen in Oslo, Düsseldorf, London und New York aus sind Statkrafts Händler an den wichtigsten Energiebörsen weltweit tätig.
„Wir betreiben einen sogenannten Eigenhandel oder „Prop“-Handel. Das bedeutet, dass wir die Eigenkapitalmittel von Statkraft verwenden, um im Namen des Unternehmens zu handeln. Ziel ist es, Geld für den Eigentümer, den Staat Norwegen, zu verdienen“, so Ola Kvennås.
Er ist Head of Nordic Trading am Statkraft-Hauptsitz am Lilleaker in Oslo, Norwegen. Die Abteilung besteht aus neun Personen, die zusammen einen hohen zweistelligen Millionenbetrag verwalten.​
„Einfach ausgedrückt, wir verteilen das Geld zu Jahresbeginn unter den Händlern. Dann handelt jeder von ihnen auf der Grundlage von Analysen, Erfahrungen und Annahmen über zukünftige Trends auf dem Markt. Die einzelnen Händler haben viele Freiheiten bei der Art und Weise, wie sie ihre Transaktionen abwickeln, aber sie werden alle anhand ihrer Ergebnisse beurteilt – jeden einzelnen Tag.“​
Warum?
Statkraft ist vor allem als ein Unternehmen bekannt, das erneuerbare Energien ausbaut und erzeugt. Daher ist es vielleicht überraschend, dass das Unternehmen auch Einnahmen aus dem finanzwirtschaftlichen Energiehandel erzielt. Laut Kvennås ist dies eine logische Folge der Öffnung des Strommarkts in den 1990er Jahren und des neuen Aufgabenbereichs, den Statkraft bei der Ausgliederung als eigenständiges Unternehmen im Jahr 1992 erhielt.
„Statkraft wurde ein unabhängiges Wirtschaftsunternehmen. Es befindet sich vollständig im Besitz des Staates Norwegen, aber mit einem weitgefassten Aufgabengebiet. Ferner wurde beschlossen, dass das Unternehmen eine Marketingabteilung haben und im Stromhandel tätig sein sollte. Anfangs handelten wir hauptsächlich mit der eigenen von Statkraft produzierten Energie aus Wasserkraft. Wann war die Wasserspeicherung rentabel? Und wann hat es sich gelohnt, Strom zu erzeugen? Das Ziel war natürlich, die größtmögliche Rendite aus der regulierten Wasserkraft zu erwirtschaften.“
Vor 1992 gab es praktisch keinen richtigen Strommarkt. Die Energieversorger verkauften untereinander etwas überschüssigen Strom, aber es gab keinen internationalen Handel. Als die Strommärkte in den einzelnen Ländern nach und nach geöffnet wurden, war es möglich, Strom auf dem freien Markt zu kaufen und zu verkaufen. Zu dieser Zeit war Statkraft in einer einzigartigen Position.
„Statkraft hat so viel Wasser gespeichert, dass wir die Stromproduktion um Tausende von Megawatt nach oben und unten regulieren können. In Kontinentaleuropa gibt es diese Möglichkeit nicht. Deshalb können wir unseren Strom verkaufen, wenn die Strompreise hoch sind, und die bestmöglichen Renditen für den Betreiber erzielen. Zu diesem Zweck mussten wir unser Fachwissen über den umfangreichen Strommarkt vertiefen und die treibenden Kräfte besser verstehen. Und mit diesem Know-how liegt es nahe, nicht nur den eigenen Strom zu verkaufen, sondern ein aktiverer Akteur auf dem Markt zu werden. Und das haben wir getan.“
Kvennås ist der Meinung, dass die Marktöffnung ein entscheidender Schritt war, der den meisten Menschen in Europa billigeren Strom gebracht hat.
„Ein funktionierender Markt beruht auf der Umverteilung von Ressourcen zu möglichst niedrigen Kosten. Es ist nicht so, dass der Strom durch die Speicherung von Wasserkraft am billigsten wird. Die Wasserkraft ist eine äußerst wertvolle Ressource, und es ist unsere Aufgabe, sie optimal zu nutzen“, stellt er fest.
„Davon profitieren sowohl der Staat als auch die Bürger. Ein streng regulierter Markt, wie zuvor, hätte höhere Strompreise und geringere Einnahmen für den Staat zur Folge.“
Fakten zum Trading bei Statkraft
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Statkraft ist einer der größten Akteure auf dem europäischen Energiemarkt.
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In mehr als 20 Ländern handelt Statkraft mit Energieprodukten und ist außerdem an 13 Energiebörsen aktiv.
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Der Handel findet in den Handelsräumen der Niederlassungen in Oslo, Düsseldorf und London statt.
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Neben der erneuerbaren Energie handelt Statkraft weltweit mit Erdgas, COâ‚‚, Kohle, Öl und Mineralölerzeugnissen.
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„Eigenhandel“ bedeutet, dass Händler das unternehmenseigene Geld einsetzen, um Gewinne zu erzielen.
Kein Glücksspiel
Für einen Außenstehenden mag der Handel wie ein Glücksspiel erscheinen, aber Kvennås ist davon überzeugt, dass er weder etwas mit Glücksspiel noch etwas mit Zufall zu tun hat.
„Wir handeln aufgrund von fundierten Analysen, Erfahrungen und Fachwissen, aber natürlich besteht auch ein gewisses Restrisiko. Wir erstellen qualifizierte Prognosen, aber wir können bei unseren Annahmen auch falsch liegen, oder unvorhergesehene Ereignisse können den Strommarkt erheblich beeinflussen. Der Markt für erneuerbar Energie wird direkt von Wetter und Wind, Niederschlag und Temperatur beeinflusst. Mit normalen jahreszeitlichen Schwankungen kennen wir uns aus, aber wer hätte einen Tsunami wie den, der Japan im Jahr 2011 erschütterte, oder einen milden Winter wie den, den wir gerade erleben, vorhersagen können? Wir gehen gewisse Risiken ein, aber wir spekulieren nicht.“
Der Stromhandel von Statkraft ist durch Gesetze und Vorschriften streng reguliert und auch die Händler müssen Auflagen erfüllen, um ihre Risikobereitschaft im Zaum zu halten.
„Im Allgemeinen können diejenigen, die sehr erfolgreich sind, höhere Risiken eingehen, während diejenigen, die schlechter abschneiden oder Geld verlieren, nur wenig riskieren dürfen“, erklärt Kvennås. Innerhalb dieses Rahmens können die Händler jedoch recht frei entscheiden, wie sie ihre Portfolios verwalten und sich auf dem Markt positionieren möchten.
„Einige verfolgen eher langfristige Strategien und verfügen über einen größeren Spielraum für Portfolioschwankungen. Andere Händler mit umfangreichen Posten können sich zurücklehnen, ohne so häufig zu handeln. Und wieder andere gehen tagsüber größere Risiken ein und verringern diese über Nacht. Darüber hinaus haben die Händler unterschiedliche Tätigkeitsschwerpunkte und die Möglichkeit, auch auf anderen als dem skandinavischen Strommarkt zu handeln. Wie die Märkte angegangen werden, ist sehr individuell und jeder muss seine eigenen Methoden finden, um Geld zu erwirtschaften. Es ist wichtig, dass jeder von seiner Vorgehensweise überzeugt ist und mit seinen Entscheidungen nachts ruhig schlafen kann.“
Interview mit einem Options Trader bei Statkraft
Druck und Stress
Es steht außer Frage, dass eine Arbeit, bei der große Geldsummen verwaltet werden, bei der verfolgt werden muss, wie der Wert der Investitionen von Stunde zu Stunde schwankt, und bei der die Erfolge jeden Tag bewertet werden, eine echte Herausforderung sein kann.
„Es kann durchaus stressig, aber auch sehr motivierend sein. Deshalb liegt uns auch daran, füreinander da zu sein. Das Gemeinschaftsgefühl ist stark ausgeprägt, und wir besprechen vieles miteinander, sodass niemand auf sich allein gestellt ist. Gleichzeitig ist es uns wichtig, dass alle Mitarbeiter auch noch ein Leben außerhalb der Arbeit haben. Familie, Freunde und Hobbys helfen dabei, mit dem Druck bei der Arbeit fertig zu werden. Man kann nicht rund um die Uhr im Handelsraum sitzen. Denn dann kann man seine Arbeit nicht lange durchhalten“, so Kvennås.
„Einige unserer Mitarbeiter sind schon seit 20 Jahren hier tätig und der Ansicht, dass sie den perfekten Job haben. Allerdings kann man das nicht allzu lange machen, wenn man Geld verliert, und man muss auf dem Laufenden bleiben, denn der Markt verändert sich ständig.“
Wind und Wetter
Der Markt für erneuerbare Energien ist wetter- und klimaabhängig, und obwohl die Welt vor einer umfassenden Elektrifizierung steht, haben sowohl kurzfristige Schwankungen als auch langfristige Veränderungen einen großen Einfluss auf die Strompreise.
„2019 war ein hervorragendes Jahr für Statkraft, aber jetzt im März 2020 stehen wir vor großen Herausforderungen. Wir haben bereits vor den Überschwemmungen im Frühjahr und der Schneeschmelze volle Wasserspeicher und müssen wegen des milden Winters Strom billig anbieten. So wird es für das Unternehmen schwieriger, gute Umsätze zu machen.“
„Für die Handelsabteilung sind Preisschwankungen jedoch von größerer Bedeutung als die einfache Tatsache, ob der Preis hoch oder niedrig ist. Wenn wir die richtigen Analysen und Bewertungen durchführen, können wir auch in Phasen niedriger Strompreise Erträge erwirtschaften. Zudem müssen wir als Unternehmen in Betracht ziehen, dass es wahrscheinlich langfristige Klimaveränderungen geben wird. Dazu kommt, dass unglaublich viele Windparks gebaut werden, die künftig sowohl zu niedrigen Strompreisen als auch zu Stromüberschüssen beitragen können“, so Kvennås.
„Ich persönlich würde es begrüßen, wenn Google, Facebook oder andere mit ihren stromintensiven Rechenzentren auf den skandinavischen Strommarkt kämen. Das hätte für beide Seiten viele Vorteile!“
"Einige unserer Mitarbeiter sind schon seit 20 Jahren hier tätig und der Ansicht, dass sie den perfekten Job haben. Allerdings kann man das nicht allzu lange machen, wenn man Geld verliert und man muss auf dem Laufenden bleiben, denn der Markt verändert sich ständig."