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Elektrifizierung: Die deutsche Revolution der Elektrofahrzeuge
Deutschland plant, bis 2030 mindestens sechs Millionen Elektrofahrzeuge auf deutschen Straßen einzusetzen und den Zugang zu einer Million Ladestationen zu ermöglichen. Damit das gelingt, müssen auch die Energieerzeuger mit ins Boot geholt werden.
Deutschland hat den größten Automobilmarkt Europas, ist der Standort namhafter Automobilhersteller wie Daimler, Volkswagen und BMW und zählt etwa 46 Millionen zugelassene PKW. Das Land möchte eine führende Rolle bei der Produktion und Nutzung von Elektrofahrzeugen (Electric Vehicles, EVs) einnehmen.
Im Jahr 2019 überholte Deutschland zum ersten Mal Norwegen als den größten europäischen Markt für Neuzulassungen von Elektrofahrzeugen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte im November 2019, dass die Subventionen für den Kauf von Elektrofahrzeugen angehoben werden. Der Staat und die Automobilindustrie teilen sich die anfallenden Kosten für das Programm, das bis 2025 laufen wird.
„Diese Subventionen sind zwar wichtig, aber bei weitem nicht die einzige Maßnahme, die das Verbraucherverhalten in Richtung E-Mobilität lenken soll“, so Stefan Reins, Business Developer in der Einheit für Elektromobilität bei Statkraft in Düsseldorf.
„Derzeit gibt es in Deutschland rund 34.000 öffentlich zugängliche Ladestationen für Elektrofahrzeuge. Ziel ist es, diese Zahl in den nächsten zwei bis drei Jahren mithilfe einer staatlichen Investition von 3,5 Milliarden Euro auf über 50.000 und bis 2030 auf eine Million zu erhöhen“, erklärt er.
Des Weiteren schreibt eine EU-Richtlinie vor, dass alle neuen und renovierten Wohngebäude mit mehr als zehn Parkplätzen mit der notwendigen Vorverkabelung für die Installation von Ladepunkten für jeden Platz ausgestattet sein müssen.
„Bei gewerblichen Objekten müssen 20 Prozent der Parkplätze vorverkabelt sein. Es gibt auch Steuervorteile für Unternehmen, die Ladestationen am Arbeitsplatz installieren“, fügt er hinzu.
Deutschland auf dem Weg zur Elektromobilität
Die Neuzulassungen von Elektroautos in Deutschland sind 2019 im Vergleich zu 2018 um 60 Prozent gestiegen. Auf der Internationalen Automobilausstellung in Frankfurt wurden 2019 eine Reihe neuer Modelle als Elektrofahrzeug vorgestellt.
„Inzwischen gibt es 57 deutsche Elektroauto-Modelle, von denen die meisten aus der Volkswagen-Gruppe stammen (Volkswagen, Seat, Audi, Skoda und andere). Im Jahr 2022 werden die Nutzer aus über 100 Modellen mit Elektroantrieb wählen können und bis 2025 aus 172 Modellen. Das ist ganz schön beeindruckend“, so Reins.
Um die technologische Entwicklung von Elektrofahrzeugen zu fördern, haben die deutschen Automobilhersteller für die nächsten drei Jahre Investitionen in Höhe von über 45 Milliarden US-Dollar angekündigt. Und die von Tesla geplante Giga-Fabrik in Berlin wird die Revolution der Elektroautos weiter beschleunigen.
„In den nächsten Jahren wird in Deutschland ein deutlicher Anstieg der Verkaufszahlen von Elektrofahrzeugen erwartet. Dies setzt voraus, dass die Infrastruktur für entsprechende Ladestationen im gleichen Maße ausgebaut wird, was wiederum eng mit der Energiewirtschaft verbunden ist“, folgert er.
Die Entwicklung der Ladeinfrastruktur und deren Verknüpfung mit der Energiewirtschaft war ebenfalls ein wichtiges Thema auf der Internationalen Automobilausstellung.
„In Deutschland zeichnet sich ein grundlegender Umbruch ab. Der Druck von Regierungsbehörden, Änderungen im Verbraucherverhalten und Subventionen geben der Branche einen enormen Impuls in Richtung Elektrifizierung“, so Reins.
Zusammenspiel mit der Energiebranche
Eine der größten Herausforderungen, um die Einführung von Elektrofahrzeugen zu beschleunigen, sind die für den Verbraucher entstehenden Kosten – sowohl die Anschaffungskosten als auch die Gesamtbetriebskosten durch Laden oder Wartung.
„Erstens müssen die Hersteller ihre strategische Neuausrichtung des Fuhrparks beschleunigen und entsprechend der steigenden Nachfrage liefern. Mit umfangreichen Investitionen in die gesamte Wertschöpfungskette von Elektrofahrzeugen ist der Anfang bereits gemacht.“
„Zweitens muss die Nutzerfreundlichkeit, besonders beim Laden, verbessert werden. Für die verschiedenen Ladepunktbetreiber, Netze und Stromaggregatoren gibt es unterschiedliche Preismodelle, wodurch es für Kunden schwieriger wird, sich zu orientieren“, so Reins.
„Drittens stellt das deutsche Mess- und Eichgesetz Hersteller von Ladeeinrichtungen vor Probleme. Zahlreiche Ladegeräte der ersten Generation müssen umgerüstet oder ersetzt werden, um den gesetzlichen Bestimmungen zu entsprechen“, fügt er hinzu.
Da E-Mobilität direkt mit einem erhöhten Stromverbrauch einhergeht, muss sowohl das Leistungsangebot aus der Energiewirtschaft als auch die Belastung des Stromnetzes ausgebaut werden.
„Dies könnte durch neue Geschäftsmodelle wie intelligente, ausgeglichene Tarife und dynamische Preisgestaltung gelöst werden. Dazu ist jedoch eine branchenübergreifende Zusammenarbeit unabdingbar“, erklärt er.
Nächster logischer Schritt
Durch die Übernahme der Unternehmen E-WALD und eeMobility beteiligt sich Statkraft nun am deutschen Markt für Elektrofahrzeuge.
„Ziel ist es, Statkraft zum führenden Anbieter für Ladestationen in ganz Europa zu machen. Durch die Beteiligung am norwegischen Unternehmen Mer (früher Grønn Kontakt) verfügt Statkraft über umfangreiche Erfahrungen aus Norwegen und möchte dieses Know-how in Deutschland nutzen“, so Reins.
2018 kaufte Statkraft 61 Prozent des in München ansässigen Unternehmens eeMobility. Das Unternehmen bietet Ladelösungen für Firmenwagenflotten an. Im Jahr 2019 übernahm Statkraft dann die Firma E-WALD, ebenfalls ein bayrisches Unternehmen. E-WALD betreibt rund 300 öffentliche Ladestationen in ganz Deutschland und bietet zudem einen eCarsharing-Service an. Die E-Mobilität steht auch bei Statkraft selbst im Fokus, wo derzeit der gesamte Fuhrpark auf Elektrofahrzeuge umgestellt wird.
„Da wir sowohl über die Marktposition als auch über das Expertenwissen aus der Energiewirtschaft verfügen, passt das perfekt zusammen“, stellt Stefan Reins fest.
Höhere Subventionen
Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte 2019, dass die deutschen Subventionen für den Kauf von batterieelektrischen Fahrzeugen (BEVs) mit einem Listenpreis unter 40.000 Euro um 50 Prozent von 4.000 Euro auf 6.000 Euro steigen werden.
Die Subventionen für BEVs mit einem Listenpreis zwischen 40.000 Euro und 60.000 Euro werden um 25 Prozent erhöht, während teurere Elektrofahrzeuge über 65.000 Euro nicht subventioniert werden.
Käufer von Plug-In-Hybridfahrzeugen, die bis zu 65.000 Euro kosten, erhalten statt 3.000 Euro nun 4.500 Euro.
Elektrofahrzeugtypen
Es gibt drei grundlegende Typen von Elektrofahrzeugen (EVs), die sich dadurch unterscheiden, wie Elektrizität als Energiequelle genutzt wird.
- BEV: Batterieelektrisches Fahrzeug (Battery Electric Vehicle) – von außen aufladbare Batterie und vollelektrischer Motor
- PHEV: Plug-In-Hybridfahrzeug (Plug-in Hybrid Vehicle) – von außen aufladbare Batterie kombiniert mit einem Diesel- oder Benzinmotor
- HEV: Hybridfahrzeug (Hybrid Vehicle) – intern aufladbare Batterie kombiniert mit einem Diesel- oder Benzinmotor
Gemeinsam mehr erreichen: Aus E-Wald und eeMobility wird Mer
„Ein wir, das uns stärker und besser macht“: Aus Statkrafts E-Mobilitätsanbietern in Deutschland, E-Wald und eeMobility, wird ab 1. Juli 2021 Mer.
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